4.2.2 Alopecia Androgenetica

Grading & Level of Importance: B

ICD-11

ED70.0

Synonyme

Männlicher Haarverlust; männliche Glatze; hormonelle Alopecie.

Epidemiologie

Bei 50-60% der Männer entwickelt sich um das 70. Lebensjahr eine Glatze, die aber auch schon früher auftreten kann, besonders bei familiärer «Belastung».

 

30-40% der Frauen >70 Jahre haben Ausdünnung der Kopfhaare.

Definition

Altersentsprechender fortschreitender, genetisch determinierter, androgen-abhängiger Haarverlust in typischer Lokalisation. Früher rascher Haarverlust mit androgenem Muster bei Frauen kann ein Hinweis sein auf eine endokrinologische Störung.

Aetiologie & Pathogenese

Polygene Determinierung. Insbesondere relevant sind Varianten des Androgen-Rezeptors. Achtung: In der Regel sind die Androgen-Spiegel im Blut normwertig. Änderungen des lokalen follikulären Androgen Stoffwechsels, besonders eine erhöhte 5α-Reductase-Aktivität, führt zu einem erhöhten Spiegel von Dihydrotestosteron.

Symptome

Progredienter und persistierender Haarverlust symmetrisch bitemporal («Geheimratsecken»), im Vertexbereich und/oder im Scheitelbereich bis hin zur Ausbildung einer vollen Stirn- und Scheitelglatze.

Lokalisation

  • Männer: Bitemporale symmetrische Regression der Stirnhaargrenze, Ausdünnung der Haare im Vertexbereich, Stirn- und Scheitelglatze; Resthaare als parietal-okzipitales Band
  • Frauen: Ausdünnung des zentroparietalen Kapillitiums unter Erhaltung eines Haarsaums an der Stirnhaargrenze. Der Haarausfall kann auch diffus sein. Nie vollständige Haarlosigkeit des Vertex

Klassifikation

  • Alopecia androgenetica vom maskulinen Typ (Skala nach Hamilton-Norwood I-VII); anterior oder Vertex Muster
  • Alopecia androgenetica vom femininen Typ (Skala nach Ludwig I-III)

Labor & Zusatzuntersuchungen

Keine Hormondiagnostik beim Mann. Endokrinologische Diagnostik bei Frauen nur bei weiteren Hinweisen auf Androgenisierung (Zyklusunregelmässigkeiten, Hirsutismus, Virilisierung). Suche nach weiteren Ursachen für Haarausfall: niedriger Serum-Ferritin/Eisenspiegel, Schiddrüsenfunktionsstörung, Lupus erythematodes.

Dermatopathologie

Miniaturisierung der Haarfollikel mit Pseudohypertrophie der assoziierten Talgdrüsen, Vermehrung von Telogenhaarfollikeln.

Verlauf

Verlauf über Jahre progredient, aber individuell sehr unterschiedlich.

Komplikationen

  • Chronische UV-Schäden der exponierten Kopfhaut
  • Psychosoziale Probleme

Diagnose

Typisches klinisches Bild. Hair-Pulltest; Dermatoskopie der Kopfhaut; Trichogramm bei Frauen mit initialer androgenetischer Alopezie. Ausschluss eines Hyperandrogenismus bei Frauen, anamnestisch und klinisch, u.U. auch endokrinologisch.

Differentialdiagnosen

Haarausfall anderer Ursache, z.B. diffuse Alopecia areata; speziell diffuses telogenes Effluvium bei Frauen; chronische Mangelernährung mit Mangel an Vitaminen und Spurenelementen.

Therapie & Prävention

Minoxidil 2%- und 5%-Lösung, Finasterid (nur für Männer; bei Frauen im gebärfähigen Alter sichere Konzeptionsverhütung wegen Teratogenität); Camouflage, Perücken, autologe Haartransplantation; bei Frauen auch Antiandrogene.

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