2.5.10 Herpes Simplex Genitalis

Grading & Level of Importance: A

ICD-11

1A94

Synonyme

Fieberbläschen.

Epidemiologie

Eine der häufigsten sexuell übertragbaren Erkrankungen in Europa.

  • Inzidenz: 5 - 24 pro 100 Personen pro Jahr
  • Seroprävalenz 15-20 %; grosse Unterschiede zwischen Ländern. 

Definition

Primäre oder rezidivierende Infektion der Haut oder Schleimhaut im Genitalbereich mit humanem Herpesvirus (HSV) Typ 2 oder seltener HSV-Typ 1.

Aetiologie & Pathogenese

Primär- oder Sekundärinfektion meistens mit Herpes simplex virus Typ 2 oder seltener Typ 1; DNA-Virus, epithelio- und neurotrop, Infektion: Schmier- und Kontaktinfektion, Virus-Reservoir: Mensch, Inkubationszeit: 2-7 Tage.

 

Das HSV befindet sich latent in regionalen Nervenganglien, von wo aus spontan oder nach diversen Stimuli eine Ausbreitung über die sensorischen Nerven zu den epithelialen Zellen der Schleimhaut oder Haut erfolgt.

Symptome

Gruppiert (herpetiform) stehende Bläschen auf gerötetem Grund, meist rasch platzend mit oberflächlichen Erosionen. Asymptomatischer Verlauf möglich. Häufig asymptomatische Virusausscheidung (viral shedding).

 

Primär-Infektion

  • Männer: Gruppier stehende schmerzhafte Bläschen und Erosionen auf gerötetem Grund an der Corona glandis oder am Penis-Schaft. Unbehandelt bestehen diese 2-3 Wochen. Empfindliche Schwellung des/der inguinalen Lymphknotens. Grippeartige Symptome, Fieber und Muskelschmerzen
  • Frauen: Veränderungen eher erosiv und ulzerierend; Schleimhäute von Vagina und Cervix; Dysurie und Beckenschmerz. Allgemeinsymptome und Verlauf meist stärker ausgeprägt   

 

Rezidive

Symptome sind milder und weniger anhaltend als bei der Primärinfektion. Auftreten entweder spontan oder getriggert durch verschiedene Provokationsfaktoren: Trauma bei Geschlechtsverkehr, lokale Infektionen (z.B. Candida Vaginitis), Menstruationsbeginn, Immunsuppression, Stress.

Lokalisation

Siehe Symptome. Analverkehr kann zu perianalen und rektalen HSV-Infektion führen.  

Klassifikation

Nach Erreger: HSV 2 oder seltener HSV 1.

 

Nach Verlauf: primär oder rezidivierend.

Labor & Zusatzuntersuchungen

Nachweis von HSV von Läsionen an Haut oder Schleimhaut durch Viruskultur, HSV-Antigen-Test (direkte Immunfluoreszenz) oder Nucleic Amplification Test (NAAT). Tzanck-Test zum Nachweis degenerierter, «ballonierter» (intrazelluläres Ödem) Keratinozyten. Serologische Antikörper-Tests sind nicht hilfreich.

 

HIV-Test und Screening für (andere) STI.

Dermatopathologie

Nicht erforderlich. Als Zufallsbefund: Inter- und intrazelluläres («ballonierend»), akantholytische (Verlust der Interzellularbrücken) Bläschen.

Verlauf

Siehe Symptome.

Komplikationen

Gelegentlich neurogene Schmerzen in der Becken- und Genitalregion. Akuter Harnverhalt. Bei Schwangeren am Termin: Herpes simplex neonatorum. Bei Immunsuppremierten kann es zu ausgedehnten Ulzerationen und Ausbreitung der Infektion kommen. Erhöhtes Risiko für eine HIV-Übertragung.

Diagnose

Klinisches Bild, Tzanck-Test, Virus-Nachweis: Immunfluoreszenz, PCR (Polymerasekettenreaktion), Kultur, (Elektronenmikroskopie, Serologie). Ausschluss anderer STIs.

Differentialdiagnosen

Trauma (beim Sexualverkehr), genitale Aphthen, Herpes zoster (Shingles), Syphilis (Primäaffekt), ulzerierende streptogene oder Candida-Infektion, allergische Kontaktdermatitis, Ulcus molle (Chankroid), Granuloma inguinale, fixes Arzneiexanthem, Erythema exsudativum multiforme.

Therapie & Prävention

Kondom.

  • Lokal: adstringierende u/o desinfizierende Lösungen. 
  • Systemisch: frühe Applikation antiviraler Medikamente zur Verkürzung der symptomatischen Phase und Minderung von Schmerzen und Juckreiz.
    • Primärinfektion (3-10 Tage): Acyclovir 400 mg 3xtäglich oder 200 mg alle 5h; Valaciclovir 500 mg 2xtäglich F amciclovir 250 mg 3xtäglich.
    • Rezidive (Dauer eines Behandlungszyklus: 5 Tage): Aciclovir 400 mg 3xtäglich oder 200 mg alle 5h; Valaciclovir 500 mg 2xtäglich.; Famciclovir 125 mg 2xtäglich.

 

Bei häufigen Rezidiven oder starken Symptomen: kontinuierliche oder intermittierende Behandlung.

 

Immunsupprimierte Patienten benötigen gelegentlich Aciclovir intravenös 10 mg/kg KG 2xtäglich.

 

Sexualkontakt erst nach Abheilung aller Läsionen.

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