7.2.1 Trichotillomanie

Grading & Level of Importance: C

ICD-11

6B25.0

Synonyme

Haarzupfen; zwanghaftes Haarzupfen.

Epidemiologie

Bei < 1:1000 der Bevölkerung; Meist in der Adoleszenz; F>M 3-10:1.

Definition

Zwanghafte Eigenmanipulation am Haar durch Ziehen, Drehen, Zupfen usw., wodurch es durch Epilation zu einer umschriebenen Alopezie kommt.

Aetiologie & Pathogenese

Psychische Störung der Impulskontrolle mit zwanghafter mechanischer, selbstzerstörerischer Epilation von Haaren in einem leicht zugänglichen Bereich; meist Kopfhaare. Daneben teilweise Dysmorphie-Empfinden, Angst, Depression und Psychosen.

Symptome

Solitäre, seltener multiple umschriebene Areale einer inkompletten Alopezie mit kurzen, jedoch unterschiedlich langen Haaren, die erst dann ausgezogen werden können, wenn sie eine bestimmte Länge (3 mm) erreicht haben. Die Haarschaftenden zeigen häufig distale Aufspleissungen und ausgefranste Bruchenden. Abgebrochene Haare können auch als schwarze Punkte imponieren.

Lokalisation

Bevorzugt ist das zentroparietale Kapillitium, weil hier die Schmerzempfindungsschwelle höher ist (Tonsurtrichotillomanie).

Klassifikation

Frühkindliche Form als Frustrationshandlung und Epilationstic mit guter Prognose.

 

Adoleszente Form mit psychoneurotischem Hintergrund und Zwangscharakter, bei der die Prognose mit Vorsicht zu stellen ist.

Labor & Zusatzuntersuchungen

Nur zum Ausschluss anderer Ursachen.

 

Trichoskopie: abgebrochene Haare, Trichoptilosis (Aufsplittung der Haarenden), unregelmässig aufgeringelte Haare, leere Follikelöffnungen.

 

Trichogramm: Fehlen von Telogenhaaren und von dystrophischen Anagenhaaren.

Dermatopathologie

Üblicherweise nicht erforderlich. Zerstörte Follikelstruktur ohne Entzündung. In frischen Veränderungen finden sich Erythrozyten in und um die Haarfollikel.

Verlauf

Spontanheilungstendenz in jugendlichem Alter. Mit dem Alter steigt die Chronizitätsneigung. Bei Erwachsenen oft lebenslang.

Komplikationen

Trichophagie mit Bildung eines Trichobezoars (Haarballen im Darm) mit Gefahr des Ileus (Rapunzel-Syndrom).

Diagnose

Klinisches Bild, Trichogramm zum Bestätigen der Diagnose, Histologie im Zweifelsfall, psychologische Exploration.

 

DSM-5 diagnostische Kriterien der American Psychiatric Association für die Diagnose einer Trichotillomanie:

  1. Wiederholtes Ausziehen der eigenen Haare mit auffalendem Haarverlust
  2. Zunehmende psychische Anspannung unmittelbar vor dem Haarzupfen oder bei dem Versuch, dem Drang zu widerstehen
  3. Freude, Zufriedenheit und Entspannung nach dem Haarzupfen  
  4.  Keine Zuordnungsmöglichkeit zu einer anderen psychischen oder anderen medizinischen Störung
  5. Signifikante psychosoziale Folgeerscheinungen

Differentialdiagnosen

Alopecia areata, Tinea capitis, androgenetische Alopecie, unerwünschte medikamentöse Nebenwirkungen oder traumatische Ereignisse mit Haarverlust.

Therapie & Prävention

Verhaltenstherapeutische Massnahmen, Familientherapie, Psychopharmaka.

Bemerkungen

Psychiatrische oder psychologische Mitbetreuung.

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